Hard Land – ein Sommer mit 49 Geheimnissen
Schon mit dem ersten Satz wird klar, auf was dieser Roman vorbereitet. Es geht um den 15-jährigen Sam, der dem Leser mitteilt, dass dies der Sommer ist, indem er sich verliebt hat und seine Mutter starb. Mit sanften Schritten begibt er sich in eine Welt, die sich langsam um ihn verändert und mit neuen Herausforderungen auf ihn wartet. Zuerst zieht der beste Freund weg und nachdem bei der Mutter Krebs diagnostiziert wurde, wollen ihn seine Eltern über die Sommerferien zu seiner Tante schicken. Ein Plan, gegen den er sich auflehnt. Doch bevor er zu seiner Tante mit den verhassten Cousins reisen muss, entdeckt er am einzigen Kino der Stadt einen Aushang, auf dem nach einer Aushilfe gesucht wird. Sam beschließt sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen und erlebt einen Sommer der Überraschungen.
Benedict Wells befasst sich in diesem Roman erneut mit dem Thema des schmerzhaften Erwachsenwerdens, und versetzt die Handlung diesmal in die 80er einer Kleinstadt in den USA. Sein letzter Roman „Vom Ende der Einsamkeit“ hatte ein ähnliches Thema und landete auf der Bestsellerliste. Insgesamt ist „Hard Land“ sein fünfter Roman, der mit viel Humor und manchmal einer leicht bitteren Note geschrieben ist. Mit viel Gespür und Zuneigung behandelt er seine Figuren, die alle nur menschliche Wünsche haben, nämlich akzeptiert und geliebt zu werden. Dazu gehören seine Freunde wie die schöne Kirstie, der sportliche Brandon und der schwule Cameron, die er alle in dem Kino kennenlernt. Mit Kirstie erlebt Sam seine erste Liebesbeziehung, die ihn ein Stück reifer werden lässt.
Wie das Sprichwort „Es gibt zwei Seiten einer Medaille“ behandelt die Coming-of-Age-Story die bipolare Gefühlswelt von Jugendlichen. Sam und seine Freunde sind nämlich von dem Wunsch getrieben, das Kaff, indem sie aufgewachsen sind, zu verlassen. Das ständige Gefühl der Langeweile wechselt sich mit den Ängsten vor der Zukunft ab. Die Mutproben, die sie sich gegenseitig aufgeben, brechen den tristen Alltag mit Spaß und Aufregung auf.
Und dann gibt es da noch das Buch mit den 49 Geheimnisse, die im Zusammenhang mit ihrem Heimatort am Lake Virgin stehen und die sie erkunden wollen. Sie lernen durch dieses Spiel nicht nur ihre Stadt besser kennen, sondern auch, dass dieser Ort nicht nur schlecht ist. Kirstin drückt diesen Zustand mit dem erfundenen Wort Euphancholi aus. Das Kunstwort ist eine Verknüpfung aus Euphorie und Melancholie und beschreibt diese Zerrissenheit.
Das ruhelose Treiben der Teenager spielt hinter der Kulisse der 80er Jahre, die mit großartigen Jugendfilmen wie „American Graffiti“ und „Breakfast Club“ aufwarten. Es ist auch kein Zufall, dass Sam in einem Kino arbeitet, indem diese Filme laufen. Wie damals beeinflussen sie das Lebensgefühl der Jugend und sind gleichzeitig ein Symbol für die Zeit, in der sie erschienen sind. Dieses Gefühl wird noch weiter angefeuert durch die Musik von Billy Idol, OMD und Simple Minds, die gerne und oft von Sam gehört wird. Was aber den größten Eindruck bei ihm hinterlässt, sind die literarischen Werke jener Zeit. Wie aus einer Laune heraus beginnt Kirstie damit, Romananfänge zu sammeln, und fixt schließlich Sam damit an, um mit ihm darüber zu diskutieren. Der Beginn des Buches „Salzwasser“ von Charles Simmons begeistert ihn am meisten, das mit den Worten „Im Sommer 1963 verliebte ich mich, und mein Vater ertrank.“ beginnt.
Wells gibt dir als Leser einen Roman in die Hand, der das Erwachsenwerden fabelhaft beschreibt. Es geht nicht nur darum, die eigenen Entscheidungen zu treffen, sondern sich mit seinen Ängsten zu konfrontieren. Dies ist wohl die härteste Herausforderung, die Sam hat, den Schmerz zu überwinden, um am Ende gestärkt hervorzutreten. Leider ist das Buch nicht ganz perfekt und erschlägt zuweilen den Leser mit Symbolen aus den 80ern, was aber den lockeren Erzählstil nicht weiter stört. Die Redaktion empfiehlt diesen Roman weiter als eine Lektüre, die sich schnell weglesen lässt und die berührend und unterhaltsam ist. Wir empfehlen dir, eine Songliste mit den Hits der 80er bereitzustellen. Du wirst sie brauchen!
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