Neobroker – der neue Boom am Aktienmarkt
Es sind die neuen Trading-Apps wie „Robinhood“, die den Aktienmarkt gehörig aufwirbeln. Zu den bekanntesten Beispielen gehört der Handel mit Papieren von Gamestop und AMC, die deren Wert in die Höhe schießen ließ. Was scheinbar unter Kleinanlegern im „Wallstreetbet“-Forum als Verabredung zum Kauf von Aktien begann, hat nun einen weltweiten Boom ausgelöst.
Apps wie „Robinhood“ werden auch Neobroker genannt und ermöglichen den Handel bequem vom Smartphone aus. Der Name der App selbst klingt wie etwas Positives. Er erinnert an den Räuber Robin Hood, der im Sherwood Forest Jagd auf die Reichen machte. Die Geschichte ist bekannt – er bereicherte sich, um es an die Armen weiterzugeben.
Doch wie sieht es heutzutage mit den modernen Robin Hoods aus? Ähnlich wie die historische Figur von vor 700 Jahren mischen sie sich in den Markt ein, um ein Stück von dem Gewinn abzubekommen. Ihr wichtigstes Instrument sind Neobroker, die den Zugang zum Markt ermöglichen.
Warum erleben Neobroker derzeit einen gewaltigen Boom?
In den USA haben die Erfolge der Kleinanleger das Interesse an Geldanlagen ausgelöst, der durch die Neobroker und den Austausch in Reddit-Foren begünstigt wurde. Doch während die Euphorie seit Anfang des Jahres in den USA am Abflauen ist, bleibt sie in Deutschland weiterhin konstant mit leichtem Rückgang. Wie nach dem US-amerikanischen Vorbild des „Wallstreetbet“-Forums auf Reddit ist für die deutschen User das Forum „Mauerstrassenwetten“ eröffnet worden. Hier können sich Forenmitglieder kostenfrei anmelden und sich über das Thema Geldanlagen austauschen. Doch auch hierzulande ist der Boom während des Sommers ein wenig gesunken. Immerhin überschritt im Mai die Registrierung auf der Trade Republic-App die Marke von eine Million Nutzern.
Die Ausweitung dieser Trading-Apps, die es nur auf den Smartphones gibt, sollen das Interesse weiter aufrechterhalten. So geht derzeit zum Beispiel eine Trade Republic Desktop-Version an den Start, die für die Nutzer gedacht ist, die nicht mit ihrem Smartphone Geschäfte abwickeln wollen. Aber der Weg geht auch in eine gegenteilige Richtung. Webseiten wie Wallstreet Online, die es noch nicht als App zu haben gibt, streben die Entwicklung einer solchen an. Diese Investitionen machen den Anlegern schnell klar, dass um ihre Gunst gerungen wird, um den Trend am Leben zu erhalten. Dies ist auch nötig, denn Analysten gehen davon aus, dass an der Börse weitere lukrative Geschäfte für Anleger warten.
Welche Anbieter gibt es in Deutschland?
Trade Republic
Der bekannteste Neobroker in Deutschland ist Trade Republic, den es seit ca. 2 Jahren hierzulande gibt. Mit über eine Million Nutzern steht er auf Platz 1. Die App hat eine moderne und benutzerfreundliche Oberfläche, was dem Kunden den Umgang mit ihr sehr einfach macht. Innerhalb weniger Klicks kannst du Aktien, ETFs oder Kryptowährungen erwerben.
Scalable Capital
Das Unternehmen aus München erfreut sich einer großen Beliebtheit und hat viele Auszeichnungen erhalten. Die Vorteile des Neobrokers liegen in den Sparplänen, die eine Auswahl aus über 1900 ETFs erlauben, die du ab 1 Euro besparen kannst. Das i-Tüpfelchen ist die automatische Vermögensverwaltung, die Kunden mit einem dynamischen ETF-Portfolio optionale Vorschläge macht.
justTrade
Als erster deutscher Broker für Kryptowährung und Wertpapierhandel belegt er den dritten Platz im Ranking. Der Trader nimmt keine Gebühren, wenn du Aktien oder ETFs kaufst. Stattdessen erhält die Firma eine Rückvergütung von der Börse für diesen Handel. Die einzige Ausnahme liegt beim Handel mit Kryptowährung, die einen Spread von 0,3 Prozent von dir nimmt.
Smartbroker
Smartbroker ist Teil der deutschen Wallstreet online Capital AG und besitzt ebenfalls eine moderne Bedienoberfläche. Die günstigen Angebote bekommst du in Kombination mit den Premiumpartnern Börse München (gettex) und Lang und Schwarz Exchange (L&S). Allerdings gibt es ein Ordervolumen, das bei 500 Euro pro Handel liegt.
Flatex
Europas größter Online-Broker ist Flatex und hat seinen Sitz in Frankfurt am Main. Das Angebot an sparplanfähigen ETFs ist sehr umfangreich und kostet keine Gebühren. Dafür werden jährliche Depotkosten von 0,1 Prozent verlangt und ein Negativzins auf Guthaben erhoben.
Was sind die Unterschiede zwischen Neobroker und traditionellen Banken?
Der Abschluss eines Geschäfts passiert wie eh und je über eine digitale Order an den Handelsplatz, wo sie auch ausgeführt wird. Im Anschluss sieht der Kunde auf seinem digitalen Depot das Ergebnis. In dieser Hinsicht ist das Vorgehen von Neobrokern und Banken gleich, egal ob es mithilfe eines Bankberaters oder per Smartphone geschieht. Dennoch gibt es ein paar Punkte, in denen sie sich unterscheiden.
Die Kosten
Bereits bei den Kosten sind deutliche Unterscheidungen zu erkennen. Neobroker werden größtenteils von Kleinanlegern genutzt, die kleinere Summen anlegen. Daher fallen Gebühren stärker ins Gewicht, weil sie den Gewinn merklich reduzieren. Neobroker setzen deshalb auf günstige Konditionen, was sich in geringen Depotkosten und Ordergebühren zeigt. Ein Trend, dem Banken ungern folgen.
Die Vielfalt des Angebots
In diesem Bereich sind Banken sehr gut aufgestellt und bieten ein breites Angebot aus inländischen und ausländischen Börsen an. Dagegen haben Neobroker eher wenige Handelsplätze. Das hat natürlich zur Folge, dass die Vielfalt der Assetklassen bei den Neobrokern nicht so umfangreich ausfallen. Dazu gehören Anleihen, Zertifikate und Optionen. Was den Standard wie Aktien und ETFs angeht, so sind diese natürlich auch bei denen breit vertreten.
Die Bedienung
Eine Registrierung bei einem Neobroker geht heute bequem vom Smartphone oder Computer aus. Die Identitätsprüfung wird stark vereinfacht durch die Handy-Kamera und das Zeigen des Personalausweises. Auch hier hinken Banken hinterher. Doch der einfache Umgang mit den Apps birgt Gefahren. Gerade unerfahrene Trader sind besonders leichtsinnig und schließen Handelsgeschäfte ab, die unvorteilhaft für sie sind. Der Nachteil ist, dass durch die einfache Bedienung ein Stück der Ernsthaftigkeit beim Umgang mit Geld verlorengeht.
Der Service
Was manchen Neobrokern hingegen fehlt, ist, dass sie keine Vollbankenlizenz haben und daher nur die reine Plattform anbieten. Die Depots selbst werden von richtigen Banken verwaltet. Das hat zwar den Vorteil, dass weniger Personal- und Mietraumkosten anfallen, dafür aber der Service einer Bank fehlt. Ein Girokonto muss beispielsweise bei einer anderen Bank eingerichtet werden. Es gibt ein paar Ausnahmen wie Comdirect und Consors, die alles unter einem Dach habe, was sich bei den Preisen bemerkbar macht.
Welche Zielgruppe haben Neobroker?
Gerade Neobroker haben jüngere Anleger im Visier, um sie für Finanzprodukte zu begeistern. Die Bausparverträge und Lebensversicherungen von früher gelten als unrentabel und sind daher bei Junganlegern unbeliebt. Eine Alternative bieten Neobroker an, weshalb sie sich verstärkt auf diesen Kundenstamm konzentrieren.
Den häufig unentschlossenen Anlegern wird per App der Zugang zur Börse vereinfacht. Die Überwindung zur Bank zu gehen und mit einem Berater zu sprechen, fällt komplett weg. Dadurch kriegen die jungen Anleger das Gefühl, dass sie selbst bestimmen können, ohne das ihnen jemand Vorschriften macht. Zudem haben die Apps ein modernes Design, das intuitiv funktioniert und Spaß beim Bedienen macht. All diese Faktoren erhöhen die Motivation zur Beschäftigung mit dem trockenen Thema Finanzen.
Ein weiterer Grund ist, dass junge Leute ihre Erfahrung mit Geld machen wollen und gerne über ihre Fortschritte reden. Der Ausspruch „Über Geld redet man nicht“ ist ein alter Hut. Genau das haben die Neobroker erkannt und verbinden den Handel an der Börse mit den sozialen Netzwerken. An diesen Orten wird über die Erfahrung und über neue Anlage-Strategien gesprochen. Auch Screenshots vom eigenen Depot werden untereinander geteilt.